Jutta H.E. Krause / Jutta Krause: meine literarischen Impressionen

- eine unmögliche Utopie -

 Man schreibt das Jahr 2015.

Die Menschheit hat die warnenden Stimmen ignoriert und verlacht. Hätte sie besser nicht getan, denn exakt am 21.12.2012 ging die Welt unter, exakt zu dem Datum, an dem der Maya-Kalender das Ende der Menschheit verkündet hatte. Zufall? Die Antwort weiß niemand, und sie ist auch nicht mehr wichtig.

Am Tag der Apokalypse zerbrach die Erdkruste. Ihre ringförmigen Einzelteile schoben sich über- und umeinander. So landete China plötzlich in Griechenland, Europa wurde zwischen zwei sich in einander schiebenden Erdkrusten zermahlen, Asien, Afrika und Australien stürzten in den Atlantischen Ozean, zerschmetterten die dort zur Rettung einiger Privilegierter seit langem bereit stehenden Archen, während turmhohe Tzunamis in einer zweiten Sintflut alles unter sich begruben.

 

                                                 

          Fotos von mir: „verkehrte Welt“                                                   „galaktischer Mittagsbaum“

                                                    

Es gibt nun keine Menschen mehr. Es hat sie ohnehin nur noch selten gegeben,  diese Spezies mit den erstaunlichen Fähigkeiten zu lieben und schöpferisch tätig zu sein, aber auch die anderen, die mit den bereits mutierten Gehirnen sind dahin, und nach dem Ende herrschen Schweigen und Nacht.

Wie sprach es doch einmal ein großer Dichter des Altertums:

`Am Anfang waren nur Chaos und Nacht und des Tartarus finsteres Beben. Doch in der Erde tiefstem Dunkel regte sich keimendes Leben.

Von Eros geküsst, dem geflügelten Gott, gebar die Natur das uranfängliche Windei…` 1)

Nein, das stimmt so nicht. Das hier ist kein Windei, es ist das größte Ei, das es je gegeben hat, und eine Frau und ihr intergalaktisches Kind haben es unter der Erde in einem alten Atombunker aus den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts gehätschelt und gepflegt. Drei Jahre lang, in denen sie gemeinsam mit dem Ei den Weltuntergang  überlebten.

 

Sie haben es mit ihren Körpern gewärmt, zu ihm gesprochen, ihm Kinderlieder vorgesungen, es gestreichelt, umarmt und schließlich aus dem Bunker an die inzwischen trockene Erdoberfläche gerollt. Nur dort kann er ausschlüpfen, der neue Mensch, der Adam der neuen Zeit. Und er wird vollkommen sein, ohne die Last der Alten Welt, ohne das Gestern, den Ballast  der Erinnerung, geschichtslos in einem neuen Garten Eden.

Mit wachsender Spannung verfolgen Mutter und Kind das Schlüpfen. Es knackt, kracht, die Schalen öffnen sich zu schmalen Spalten. Das Kind umklammert die Beine der Mutter, in seliger Erwartung.

„Schöne neue Welt, alles ist gut“, flüstert diese ihm zu.   

1) Aristophanes: Die Vögel